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Wissen

OECD AI-WIPS-Konferenz 2022: Den KI-getriebenen Wandel der Arbeit verstehen und gestalten

Veröffentlicht am 24. Mär 2022

Was kann KI und was unterscheidet selbstfahrende Autos von virtuellen Assistenten? Wie können KI-Indikatoren – also Kennzahlen, die ein umfassendes Verständnis der Technologie ermöglichen – dazu beitragen, Rahmenbedingungen für Künstliche Intelligenz zu formulieren? Und welche Kompetenzen brauchen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer für einen souveränen Umgang mit KI-Systemen? Die 2. AI-WIPS-Konferenz brachte internationale Expert*innen aus Politik, Wissenschaft, Zivilgesellschaft und Industrie zusammen, um die neuesten Erkenntnisse zu den Auswirkungen von KI auf die Arbeitswelt und Gesellschaft zu diskutieren.

Künstliche Intelligenz wird die Arbeitswelten der Zukunft entscheidend prägen, Arbeitsplätze und Arbeitsverhältnisse werden sich ebenso grundlegend verändern wie die Bereiche Bildung, Ausbildung sowie Weiterbildung. Auch im Kampf gegen Corona spielte KI eine wichtige Rolle, von der medizinischen Diagnostik über die Analyse der ökonomischen und gesellschaftlichen Auswirkungen der Pandemie bis zur Realisierung der vielfältigen Home-Office-Lösungen für Beschäftigte in aller Welt. Doch Künstliche Intelligenz ermöglicht nicht nur wünschenswerte Innovationen, die Einführung KI-basierter Technologien ist auch mit Risiken verbunden, wie etwa Ungleichbehandlung und Diskriminierung. Der Einsatz von KI wirft neue Fragen auf, die auf politischer, gesellschaftlicher und regulatorischer Ebene diskutiert und entschieden werden müssen.

Diesen Fragen geht das OECD-Programm „Artificial Intelligence in Work, Innovation, Productivity and Skills“ (AI-WIPS) nach. Dabei ist klar: KI ist nicht gleich KI. Selbstfahrende Autos sind nicht mit virtuellen Assistenten zu vergleichen. Die automatisierte Bewertung von Lebensläufen birgt andere Gefahren als der Einsatz von KI in der industriellen Produktion. Es kommt stets auf die konkrete Anwendung und ihren Kontext an. KI kann zu einer besseren Zukunft beitragen und technologischen mit sozialem Fortschritt vereinbaren, wenn klare Rahmenbedingungen und Regelungen aufgestellt werden. AI-WIPS liefert wichtige Antworten auf zentrale Fragen des digitalen Wandels, und diese Antworten sind Wegweiser für kluge Regulierung – auf nationaler, wie internationaler Ebene.

Die 2. AI-WIPS-Konferenz der OECD – unterstützt durch das BMAS im Rahmen des KI-Observatoriums – setzte starke Impulse für die internationale Debatte über die Auswirkungen von KI auf den Arbeitsmarkt und die Gesellschaft. Vom 21.-25. Februar 2022 kamen über 4.500 Vertreter*innen aus Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft virtuell zusammen, um sich über die menschenzentrierte Entwicklung und Nutzung von KI-Systemen auszutauschen.

Zahlreiche Themen standen auf der Tagesordnung des mehrtägigen Programms. Das Spektrum reichte von der Frage, wie mit möglicher Diskriminierung im Personalmanagement umgegangen werden kann, über die Rolle der Sozialpartner im Transformationsprozess bis zu Debatten über KI-Ethik und die Gestaltungsräume der Politik.

Das KI-Observatorium beteiligte sich an der Diskussion über die Bedeutung von Daten, die KI-Effekte abbilden, für die Politikgestaltung und für neue Politikmaßnahmen mit der Vorstellung der eigenen KI-Indikatoren. Dr. Markus Dicks, Projektleiter des KI-Observatoriums, stellte die Indikatoren, mit denen Entwicklungen und Auswirkungen des Einsatzes von KI in Arbeitswelt und Gesellschaft messbar gemacht werden sollen, vor über 400 virtuellen Zuschauer*innen vor. Diese KI-Kennzahlen bilden eine Grundlage dafür, den digitalen Wandel von Wirtschaft und Gesellschaft mit sozialem Schutz zu vereinbaren und die Potenziale von KI im Sinne des Gemeinwohls zu nutzen.

Ein Höhepunkt des zweiten Konferenztages war die Vorstellung des Klassifizierungsrahmens der OECD für KI-Systeme. Dieser ermöglicht es KI-Anwendungen besser zu verstehen und einzuordnen, um so mögliche Risiken genauer beurteilen zu können. Der OECD-Rahmen orientiert sich bei der Klassifizierung an den Dimensionen „Menschen und Planet“, „Wirtschaftlicher Kontext“, „Daten und Eingabe“, „KI-Modell“ und „Aufgabe und Ausgabe“. Letztlich soll der Klassifizierungsrahmen politischen Entscheidungsträger*innen, Regulierungsbehörden und Gesetzgebern eine Hilfestellung bieten: Er kann als Leitfaden verwendet werden bei der Charakterisierung von KI-Systemen für bestimmte Projekte und Kontexte. Zudem schafft der Klassifizierungsrahmen ein gemeinsames Verständnis von KI, erleichtert ihre Regulierung und unterstützt effektiv Risikobewertung und -management.

Bundesminister Hubertus Heil betonte die Notwendigkeit, den digitalen Wandel im Sinne der Menschen und des Gemeinwohls zu gestalten, und hob seine Prioritäten dabei hervor.

Die „High-Level Ministerial Session“ am dritten Konferenztag widmete sich der Frage, wie eine möglichst kohärente Regulierung von KI-Systemen gestaltet werden kann. OECD-Generalsekretär Mathias Cormann ging auf Resultate von OECD-Forschungsprojekten ein, die zeigten, dass KI mitnichten zur Verdrängung qualifizierter Arbeitskräfte führe, sondern vielmehr die Fähigkeiten der Arbeitnehmer*innen ergänzen und letztlich die Produktivität steigern könne, wenn in die Kompetenzen und Innovationen investiert werde. Die ehemalige estnische Staatspräsidentin Kersti Kaljulaid stellte anhand konkreter Beispiele vor, welche Erfolge Estland durch den Einsatz KI-basierter Systeme im Gesundheitswesen, im öffentlichen Sektor, in der Bildung und in der Steuerverwaltung erzielt hat. Bundesminister Hubertus Heil ging in seiner Rede auf die enormen Potenziale von KI als Technologie ein. Doch sei ein verantwortungsvoller Umgang mit maschineller Intelligenz immer von zentraler Bedeutung, so Heil. Denn die Gewinne seien ebenso wie die Risiken sehr unterschiedlich verteilt. Die Gestaltung des digitalen Strukturwandels sei darum die Aufgabe dieses Jahrzehnts, so der Minister.

„Wir sagen ,Ja‘ zum technologischen Fortschritt. Aber dieser Fortschritt muss Hand in Hand gehen mit einem sozialen Mehrwert. Mit einem Gewinn nicht nur für den Einzelnen, sondern für die Gesellschaft. Das erreichen wir nur dann, wenn wir selbst die Agenda bestimmen. Wenn wir klare Rahmenbedingungen aufstellen, und vor allem: Wenn wir über ausreichend Wissen verfügen. Fortschritt braucht Vertrauen. Und Vertrauen braucht Wissen. Dieses Wissen entsteht im Rahmen des AI-WIPS-Programms.“

Hubertus Heil, Bundesminister für Arbeit und Soziales 

Mit über 4600 Registrierungen und über 4500 Zuschauer*innen konnte die diesjährige Konferenz eine deutliche Steigerung bei den Teilnehmerzahlen im Vergleich zum vergangenen Jahr verzeichnen. Auch die Beteiligung ließ auf reges Interesse schließen: über 100 Fragen wurden während der Live-Streams gestellt. Mit Teilnehmer*innen aus über 130 Ländern zeigte sich zudem ein weiteres Mal, dass Online-Veranstaltungen dazu beitragen können, die Diversität der Perspektiven deutlich zu steigern. Künstliche Intelligenz ist ein Thema von globaler Dimension und bei der OECD mit ihrer internationalen Perspektive und ihrer Expertise im internationalen Politikvergleich gut aufgehoben. Viele Fragen sind jedoch noch offen. Das BMAS möchte weiter international Impulse zur sozialen Gestaltung der Transformation setzen und wird darum das AI-WIPS-Programm bis 2025 weiter fördern.

Alle Konferenz-Sessions sind auf der Homepage der OECD als Video abrufbar.