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Trends in der Entwicklung und Nutzung von KI: Mehr Patente, neue Kompetenzanforderungen und die Dominanz etablierter Großunternehmen und Start-ups

Veröffentlicht am 18. Jan 2022

Forschung und Entwicklung im Bereich Künstliche Intelligenz (KI) laufen zurzeit auf Hochtouren. Immer häufiger resultieren daraus anwendungsreife Systeme. In welchen Ländern, Unternehmen und Branchen entstehen besonders viele neue Anwendungen? Und welche Kompetenzen werden für die Einführung von und die Arbeit mit KI benötigt?

Die Entwicklung von KI-Anwendungen hat in den letzten Jahren enorm an Dynamik gewonnen. Das zeigt auch der sprunghafte Anstieg der weltweit angemeldeten KI-Patente: Seit 2010 hat sich die Anzahl der jährlich angemeldeten KI-bezogenen Patentfamilien fast verdreifacht.

  • Überblick

    Die Grafik zeigt die Entwicklung der KI-bezogenen Patentanmeldungen nach Märkten im Zeitraum von 1988 bis 2018 nach Zahlen der OECD. Dabei zeigt sich, dass die Patentanmeldungen von unter 1.000 im Jahr 1988 auf über 14.000 im Jahr 2018 angestiegen sind. Mit Abstand am meisten Patente werden in den USA angemeldet.

    Datensatz

    Sechs verschiedene Kurven zeigen den Verlauf der Patentanmeldungen:

    • Die Kategorie „Alle Patentfamilien“ beginnt 1988 bei etwa 500, steigt dann langsam auf etwas über 1.000 im Jahr 1998, dann etwas schneller auf knapp 5.000 im Jahr 2008. Nach einem leichten Rückgang beginnt anschließend ein deutlicher Anstieg, der ab 2014 auf über 14.000 Patente im Jahr 2018 führt.
    • Die knapp darunterliegende Kurve beschreibt die Entwicklung der Anmeldungen beim amerikanischen Patentamt (USPTO). Sie liegt im Jahr 2008 bei etwa 4.000, folgt zunächst dem Verlauf der Kurve „Alle Patentfamilien“, flacht dann aber im Jahr 2017 leicht ab und liegt 2018 bei etwa 11.000.
    • Die Kurve der Anmeldungen bei den 5 größten Patentämtern der Welt (IP5) steigt von 1988 bis 2011 langsam auf knapp über 2.000 an, dann folgt ein Anstieg auf ca. 6.000 im Jahr 2017. Im darauffolgenden Jahr 2018 fällt die Kurve allerdings auf etwas über 4.000.
    • Die Kurve, die die im Rahmen des PCT-Abkommens (Vertrag über die Internationale Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Patentwesens) erfassten Anmeldungen zeigt, wächst von 1988 bis 2015 nur langsam auf ca. 2.000, steigt dann aber bis 2018 stärker auf über 6.000 an.
    • Ebenfalls einen langsamen Anstieg auf leicht über 1.000 Patente im Jahr 2016 verzeichnet das Koreanische Patentamt. Dann folgt bis 2018 ein deutlicher Anstieg auf etwa 3.000.
    • Auch die Kurve, die die Patentanmeldungen in der Europäischen Union (EU) zeigt, steigt von 1988 bis 2017 langsam auf etwas über 2.000 an. Im Jahr 2018 halbiert sie sich jedoch auf knapp über 1.000.

    Darstellung

    Die hellblau hinterlegte Diagrammfläche wird von einer horizontalen Achse mit Jahreszahlen von 1988 bis 2018 und einer vertikalen Achse, auf der die Zahl der Patentanmeldungen von 0 bis 16.000 dargestellt wird, aufgespannt. Eine magentafarbene Linie zeigt die Werte der Kategorie „alle Patentfamilien“, eine blaue Linie stellt die Werte der IP5-Patentfamilien dar, eine dunkelgrüne Linie bildet die Werte für die Anmeldungen in den USA und eine dunkelblaue die Werte für die Anmeldungen in Korea ab. Die in der EU angemeldeten Patente werden in hellem Violett dargestellt, die PCT-Patente in dunklem Violett.

Mit dem schnellen Fortschritt im Bereich KI nimmt zugleich der Einsatz KI-basierter Anwendungen immer weiter zu – und zwar nicht nur in der Industrie. Weil mit der Bedeutung von KI auch ihr Einfluss auf Wirtschaft und Arbeitswelt zunehmen, ist es wichtig, diese Transformation, ihre Bedingungen und ihre Effekte genau im Blick zu behalten. Welche Länder, Unternehmen und Sektoren treiben die KI-Forschung und -Entwicklung voran? Welche Fähigkeiten benötigen Menschen, um dort zu arbeiten, wo KI entwickelt und eingesetzt wird?

Mit diesen Fragen befassen sich die beiden OECD-Studien „Who develops AI-related innovations, goods and services?“ und „The Human Capital Behind AI“. Beide Studien sind im Rahmen des AI-WIPS Programms entstanden und liefern neue Erkenntnisse über KI-Unternehmen und Akteure.

Forschung und Entwicklung im Bereich KI findet vor allem in den USA und Japan statt. In der EU übernimmt Deutschland eine führende Rolle.

Gemessen an der Anzahl der weltweit angemeldeten KI-Patente im Zeitraum zwischen 2014 und 2018 sind die USA mit einem Anteil von 29 % führend in der KI-Forschung und ‑Entwicklung, dicht gefolgt von Japan mit 25 %. Danach folgen Korea, China und die EU mit jeweils 11 bis 12 % der KI-Patente. Unter den EU-Ländern übernimmt Deutschland mit 4 % der weltweit angemeldeten KI-Patente eine führende Rolle.

Auffällig sind die großen Unterschiede zwischen den Ländern und die damit verbundene ungleiche Verteilung der KI-Aktivitäten. So wurden in den USA zwischen 2014 und 2018 fast dreimal so viele KI-Patente angemeldet wie in der gesamten EU im selben Zeitraum. Auch zwischen den EU-Mitgliedstaaten bestehen deutliche Unterschiede. Mit einem Anteil von knapp 4 % liegt Deutschland weit vor Frankreich, Irland und den Niederlanden (jeweils zwischen 1 und 1,5 %). Der Anteil der übrigen EU-Länder liegt vollständig bei unter 1 % der angemeldeten KI-Patente.

  • Überblick

    Die Grafik zeigt die Anteile der aufgeführten Volkswirtschaften an Patentanmeldungen im Rahmen der IP5-Patentfamilie in den Jahren 2014 bis 2018. Dabei stehen die USA mit 29,2 Prozent an erster Stelle, gefolgt von Japan mit 24,9 Prozent. Es folgen Korea mit 12 Prozent, China mit 10,8 und die EU27 mit 10,6 Prozent. Auf Deutschland entfällt ein Anteil von 4 Prozent, auf das chinesische Taipeh 2,8 Prozent, auf Großbritannien 2 Prozent. Das Schlusslicht der Top 25 Volkswirtschaften mit KI-Patenten ist Spanien mit 0,1 Prozent.

    Datensatz

    Anteil der Volkswirtschaften an IP5-Patentfamilien im Bereich KI

    LandAnteil in %
    USA29,2
    Japan24,9
    Korea12
    China10,8
    EU2710,6
    Deutschland4
    Chinesisches Taipeh2,8
    Großbritannien2
    Kanada1,8
    Frankreich1,5
    Irland1,4
    Indien1,3
    Niederlande1,3
    Israel0,9
    Schweiz0,8
    Schweden0,8
    Finnland0,4
    Singapur0,4
    Russland0,4
    Australien0,3
    Belgien0,3
    Italien0,3
    Hongkong, China0,3
    Österreich0,2
    Spanien0,1

    Darstellung

    Ein Balkendiagramm mit blauen Balken, das auf der horizontalen Achse in eine Skala von 0 bis 30 Prozent und auf der vertikalen in 25 Zeilen unterteilt ist. Oben stehen die USA, am unteren Rand Spanien, die Balken „EU27“ und „Deutschland“ sind in Magenta hervorgehoben.

Die wesentlichen KI-Akteure sind kleine Start-Ups und große, etablierte Unternehmen

Betrachtet man das Alter und die Größe von KI-Unternehmen, wird deutlich, dass vor allem Start-Ups und große, etablierte Unternehmen KI entwickeln und einsetzen. So waren fast ein Drittel (27 %) der Unternehmen, die im Zeitraum zwischen 2014 und 2018 KI-Patente und -Marken angemeldet haben, junge Start-Ups mit weniger als zehn Beschäftigten. Fast ein Fünftel (18 %) der KI-Unternehmen waren hingegen Großunternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitern. Zusammen machen Start-Ups und etablierte Großunternehmen somit fast die Hälfte (45 %) der KI-Unternehmen aus.

Die Zahlen zeigen eine starke Konzentration der KI-Aktivitäten. Jüngere Großunternehmen aber gerade auch ältere KMUs und solche ab zehn Beschäftigten, die einen Großteil aller Unternehmen ausmachen, sind derzeit nur in geringem Maße an der Forschung und Entwicklung von KI beteiligt.

  • Überblick

    Die Grafik zeigt, wie sich Unternehmen mit angemeldeten internationalen Patenten und eingetragenen Marken im Bereich KI nach den Kriterien Größe und Alter verteilen. Mit Abstand am aktivsten sind junge, kleine Start-ups mit bis zu 9 Beschäftigten und etablierte Großunternehmen mit mehr als 250 Beschäftigten.

    Datensatz

    Die Unternehmen werden einerseits nach Kleinstunternehmen mit 1 bis 9 Beschäftigten, kleinen Unternehmen mit 10 bis 49 Beschäftigten, mittleren Unternehmen mit 50 bis 249 Beschäftigten und Großunternehmen mit mehr als 250 Beschäftigten und andererseits nach einem Alter von weniger als 5 Jahren, 5 bis 9 Jahren, 10 bis 14 Jahren, 15 bis 19 Jahren und mehr als 20 Jahren unterschieden.

    In den Gruppen der Kleinstunternehmen, die jünger als 5 Jahre und zwischen 5 bis 9 Jahre alt sind, konzentrieren sich 15,9 Prozent beziehungsweise 10,9 Prozent der Unternehmen mit angemeldeten Patenten bzw. eingetragenen Marken im Bereich KI, insgesamt also fast 27 Prozent. Mit 18,1 Prozent stellen Großunternehmen, die seit über 20 Jahren am Markt vertreten sind, ein zweites Maximum dar. Damit machen junge Kleinstunternehmen und etablierte Großunternehmen fast die Hälfte aller Unternehmen aus, die im Bereich KI Patente angemeldet oder Marken eingetragen haben.

    Darstellung

    Der Anteil an Unternehmen in der jeweiligen Kategorie wird durch verschieden große, ausgefüllte Kreise dargestellt. Unten links und oben rechts befinden sich die größten Kreise, die jeweils die Anteile der jungen Kleinstunternehmen und der etablierten Großunternehmen abbilden. Diese Kreise sind in Magenta, die übrigen Kreise in Blau gefärbt.

Die KI-Forschung und -Entwicklung konzentriert sich auf die Informations- und Kommunikationstechnik

Knapp die Hälfte der zwischen 2014 und 2018 angemeldeten KI-Patente und -Marken stammen von Unternehmen aus der Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT). Führend sind dabei KI-Unternehmen aus den Sektoren „Computer und Elektronik“ (30 %) und „IT-Dienstleistungen“ (15 %) mit einem gemeinsamen Anteil von 45 %. Die KI-Forschung und Entwicklung ist somit stark auf die IKT-Sektoren konzentriert.

Auch außerhalb der IKT wird KI entwickelt und eingesetzt, allerdings in deutlich geringerem Maße. So folgen beim Anteil der KI-Patente und -Marken hinter den IKT-Unternehmen Sektoren wie „Großhandel, Einzelhandel, Reparatur“, „Verlagswesen und Rundfunk“ und „Finanz- und Versicherungswesen" mit jeweils 5 bis 7 % der KI-Patente und ‑Marken.

Nur ein sehr geringer Anteil der KI-Entwicklungen stammt hingegen aus dem Telekommunikations-, dem Transport- und Energiesektor sowie dem Gesundheitswesen. Hier liegt der Anteil der KI-Patente und -Marken jeweils bei deutlich unter 1 %.

  • Überblick

    Die Grafik zeigt den Anteil der KI-bezogenen Patente und Marken nach Sektoren. Der Sektor „Computer und Elektronik“ hat mit gut 30 Prozent den größten Anteil, gefolgt von „IT Dienstleistungen“ mit ca. 15 Prozent, „Großhandel, Einzelhandel, Reparatur“ mit etwa 7 Prozent und „Verlagswesen und Rundfunkanstalten“ mit 6,5 Prozent. Danach folgen „Finanzen und Versicherungen“, „Maschinenbau“, „Forschung und Entwicklung“ und „Transportgeräte“ mit jeweils zwischen ca. 5 und 4 Prozent. Alle weiteren Sektoren liegen zwischen  3,5 und 0,2 Prozent.

    Datensatz

    Anteil der KI-bezogenen Patente und Marken in den einzelnen Sektoren

    SektorenAnteil KI-Patente in %Anteil KI-Marken in %
    Computer und Elektronik28,71,4
    IT-Dienstleistungen11,53,2
    Großhandel, Einzelhandel, Reparatur6,20,7
    Verlagswesen & Rundfunkwesen5,60,9
    Finanzwesen & Versicherungen4,40,7
    Maschinenbau4,90,1
    Forschung und Entwicklung4,20,5
    Transportgeräte4,50
    Elektrische Anlagen3,40,1
    Recht, Rechnungswesen und Ingenieurwesen2,50,8
    Bildung2,50,1
    Verwaltung und unterstützende Dienstleistungen20,3
    Sonstige Dienstleistungen1,40,3
    Öffentliche Verwaltung und Verteidigung1,60
    Bauwesen1,30,1
    Sonstige Fertigung1,20,1
    Telekommunikation0,50,2
    Chemie0,60
    Transportdienstleistungen0,40,1
    Metallerzeugung und -bearbeitung0,40
    Gesundheitsdienstleistungen0,20,1
    Elektrizität, Gas, Dampf0,40
    Weitere Dienstleistungen0,30
    Bergbau0,20
    Pharmazeutik0,20

    Darstellung 

    Ein Balkendiagramm, das auf der horizontalen Achse in eine Skala von 0 bis 30 Prozent und vertikal in 25 Zeilen unterteilt ist. Die Sektoren beginnen oben mit „Computer und Elektronik“, am unteren Rand steht „Pharmazeutik“. Die Balken sind in blaue Segmente für die KI-Patente und in magentafarbene Segmente für die KI-Marken aufgeteilt. Die Prozentzahlen der Anteile entsprechen den Farben der jeweiligen Segmente.

Für die Arbeit mit KI sind Kenntnisse in der Programmiersprache Python und im Bereich Maschinelles Lernen ein Muss

Die wichtigsten Kompetenzen für die Arbeit mit KI sind laut OECD die Programmiersprache „Python“ und das Maschinelle Lernen (Machine Learning, ML). Diese beiden Kompetenzen werden für KI-bezogene Berufe fast doppelt so häufig verlangt wie andere KI-Kompetenzen. Zudem sind Python und ML nicht nur jeweils für sich genommen Schlüsselkompetenzen für die Arbeit mit KI, die Kombination aus Python und ML ist auch das am häufigsten nachgefragte Kompetenzpaar für KI-bezogene Berufe.

Neben Python und ML erfordert die Arbeit mit KI allgemeine KI-Kenntnisse sowie Fähigkeiten im Umgang mit großen Datenmengen (Big Data) und im Bereich Datenanalyse (Data Science). Zu den wichtigsten KI-bezogenen Kompetenzen zählen daher auch Kompetenzen im Bereich der Datenextraktion (Data Mining), der Clusteranalyse, der Verarbeitung natürlicher Sprache und der Robotik.

Darüber hinaus werden für unterschiedliche KI-Berufe diverse weitere KI-bezogene Kompetenzen benötigt: Deep Learning, Bildverarbeitung (Image Processing), Computer Vision, Entscheidungsbäume (Decision Trees) u. v. m. Viele dieser Kompetenzen werden häufig in Kombination nachgefragt und bilden dadurch sogenannte Kompetenzbündel. Insgesamt lassen sich aus den diversen KI-bezogenen Kompetenzen drei solcher Kompetenzbündel ableiten: „Entwicklung und Weiterentwicklung von KI“, „KI-Anwendungen“ und „Robotik“. Welche KI-bezogenen Kompetenzen für bestimmte KI-Berufe konkret benötigt werden, hängt vom jeweiligen Tätigkeitsfeld und dem dazugehörigen Kompetenzbündel ab.

  • Überblick

    Die Grafik zeigt die zehn gefragtesten Kompetenzen für KI-bezogene Berufe im Zeitraum 2012 bis 2019. Dargestellt sind sowohl zehn explizit KI-bezogene als auch weitere relevante Kompetenzen. Dabei stehen bei den KI-bezogenen Kompetenzen „Python“ mit 432.800 Nennungen und „Maschinelles Lernen“ mit 391.500 Nennungen deutlich vorn, gefolgt von „Künstlicher Intelligenz“ und „Datenextraktion“. Bei den „weiteren Kompetenzen“ gehören „Java“ mit 243.200 Nennungen, „Kommunikationsfähigkeiten“ mit 242.800, „SQL“ mit 234.400, „Forschung“ mit 223.900 und „Datenanalyse“ mit 201.600 Nennungen zu den am häufigsten nachgefragten Kompetenzen.

    Datensatz

    KI-bezogene Kompetenzen 

    Genannte KI-bezogene KompetenzHäufigkeit in 1000
    Python432,8
    Maschinelles Lernen, ML391,5
    Künstliche Intelligenz142,2
    Datenextraktion141,7
    mapreduce105,7
    Verarbeitung natürlicher Sprache86,7
    Clusteranalyse72,7
    Deep Learning66,5
    Robotik64,4
    neuronales Netzwerk50,2

     

    Weitere Kompetenzen

    Genannte weitere KompetenzHäufigkeit in 1000
    Java243,2
    Kommunikationsfähigkeiten242,8
    SQL234,4
    Forschung223,9
    Datenanalyse201,6
    Teamwork190,7
    Apache Hadoop177,8
    Datenmengen174,9
    C++151
    Problemlösung149,2

     

    Darstellung 

    Ein Schmetterlingsdiagramm, in dessen linker Hälfte auf einer Skala von Null bis über 400 die KI-bezogenen Kompetenzen als blaue Balken dargestellt sind. In der rechten Hälfte werden auf einer Skala von Null bis über 250 in Magenta die weiteren Kompetenzen abgebildet.

Sozio-emotionale Fähigkeiten werden immer wichtiger – insbesondere für Führungskräfte

Für die Arbeit mit KI sind neben den KI-bezogenen Kompetenzen wie Python und ML außerdem weitere technische sowie sozio-emotionale Fähigkeiten erforderlich. Die benötigten technischen Fähigkeiten umfassen dabei „Programmier- und Softwarebezogene Fähigkeiten“, die „Handhabung großer Datenmengen“ und „Datenanalysewerkzeuge und breite analytische Fähigkeiten“. Jedes dieser drei Kompetenzbündel besteht aus übergreifenden technischen Fähigkeiten, die für KI-bezogene Berufe typischerweise gemeinsam gefordert werden, jedoch nicht spezifisch für die Arbeit mit KI sind. Beispielsweise werden im Bereich „Programmier- und Softwarebezogene Fähigkeiten“ weitere Programmiersprachen wie Java und C++ verlangt.

Das Bündel der „sozio-emotionalen Kompetenzen“ beinhaltet nichttechnische Kompetenzen wie Kommunikationsfähigkeiten, Teamwork, Problemlösung und Kreativität. Diese Kompetenzen gewinnen für KI-Berufe zunehmend an Bedeutung. So gehören beispielsweise fünf der Top-30-Kompetenzen für KI-Berufe in den USA (2017-2019) zum sozio-emotionalen Kompetenzbündel (16,7 %); bei KI-Führungskräften sind es sogar zwölf der Top-30-Kompetenzen (40 %). Demnach überwiegen bei KI-Fachkräften die KI-bezogenen und technischen Kompetenzbündel, während bei KI-Führungskräften verstärkt sozio-emotionale Kompetenzen wie Präsentationsfähigkeiten, Projektmanagement, Planung und Kreativität nachgefragt werden.

Nicht zuletzt zeigt sich, dass die Rekrutierung von KI-Fach- und Führungskräften häufig gemeinsam erfolgt. Dies deutet einerseits daraufhin, dass KI-Fachkräfte bei der Entwicklung und Einführung von KI eine zentrale Rolle einnehmen. Andererseits sorgen KI-Führungskräfte für die übergreifende Koordination und Kommunikation im Team und in der Organisation, die für eine erfolgreiche Einführung und Nutzung von KI wichtig sind.

Ergebnisse zeigen: Gezielte Unterstützung notwendig

In der EU übernimmt Deutschland bei der KI-Forschung und Entwicklung bereits eine führende Rolle. Im internationalen Vergleich bestehen jedoch große Unterschiede zwischen den führenden KI-Ländern (USA und Japan) und Deutschland bzw. der EU. Um die Position im internationalen Vergleich zu stärken, arbeitet die EU bereits daran, die europäischen KI-Aktivitäten auszubauen und europäische KI-Unternehmen gezielt zu fördern. Auch Deutschland setzt in der nationalen KI-Strategie einen starken Fokus auf die Unterstützung von Forschungstätigkeiten und hat aufgrund seiner führenden Rolle in diesem Bereich innerhalb der EU eine Schlüsselrolle. Von einer stärkeren grenzüberschreitenden Zusammenarbeit in der Forschung mit anderen EU-Mitgliedsstaaten würde die gesamte EU profitieren.

Während Start-Ups und große, etablierte Unternehmen die Forschung und Entwicklung von KI vorantreiben, sind kleine und mittlere Unternehmen (KMUs) bislang vergleichsweise wenig an KI-Aktivitäten beteiligt. Warum KMUs in diesem Bereich nicht stärker partizipieren, ist eine derzeit noch nicht ausreichend geklärte Frage. Sie zu beantworten ist jedoch wichtig, um KMUs bei der Einführung und beim Einsatz von KI entsprechend unterstützen zu können. Möglicherweise verfügen kleine und mittlere Unternehmen noch nicht über die geeigneten Fachkräfte, um entsprechende Projekte zu initiieren.

Für diese These würde auch sprechen, dass KI derzeit vorrangig im IKT-Bereich erforscht, entwickelt und genutzt wird. Denn ein möglicher Grund für diese Konzentration könnte sein, dass Akteure im IKT-Bereich bereits das notwendige technische Verständnis mitbringen, um KI-basierte Anwendungen zu entwickeln und einzusetzen. Allerdings bietet KI auch in anderen Sektoren wie dem Energiesektor und dem Gesundheitswesen großes Potential. Dort wird KI bislang jedoch vergleichsweise wenig genutzt. Womöglich fehlt es in diesen Sektoren derzeit noch am nötigen technischen Fachwissen, um KI nutzbringend und erfolgreich einzusetzen. Eine Zusammenarbeit mit KI-Akteuren aus dem IKT-Sektor sowie der gezielte Kompetenzaufbau innerhalb der Branche könnten einen wichtigen Beitrag leisten, die Erforschung der Anwendungsmöglichkeiten von KI sowie die Entwicklung KI-basierter Anwendungen in ebendiesen Sektoren voranzutreiben.

Bei der Aus- und Weiterbildung der benötigten Fachkräfte muss die Bandbreite an erforderlichen Kompetenzen adressiert werden: In technischer Hinsicht bedarf es einerseits spezifischer KI-bezogener Kompetenzen für die (Weiter‑)Entwicklung von KI-Anwendungen sowie für den Einsatz von KI in der Robotik. Darüber hinaus sind allgemeine technische Fähigkeiten z. B. für den Umgang mit großen Datenmengen und Datenanalysewerkzeugen notwendig. Solche fachlichen Kompetenzen allein reichen jedoch nicht aus, um KI erfolgreich zu entwickeln und einzusetzen. Sowohl KI-Fachkräfte als auch insbesondere KI-Führungskräfte benötigen auch sozio-emotionale Kompetenzen wie Kommunikations-, Teamwork- und Problemlösungsfähigkeiten.